Einleitung

Der folgende Leitfaden dient als Orientierungshilfe bei der Einführung eines neuen Wissensmanagement-Projektes im Unternehmen. Um den Informationsumfang übersichtlich zu halten, wird im Folgenden vor allem auf die IT-seitige Einführung eingegangen, d.h. konkret auf die Analyse, Konzeption, Evaluierung, den Rollout sowie die Überführung einer Software in den laufenden Betrieb. Dabei werden auch zahlreiche soziale und organisatorische Komponenten einbezogen, die bei einer beispielhaften Umsetzung zu berücksichtigen sind bzw. sich als Best-Practice-Ansatz bewährt haben.

Unabhängig davon ist unter „Wissensmanagement“ jedoch nicht ausschließlich die Einführung einer IT-Lösung zu verstehen, auch wenn dieser Ansatz in einer zunehmend digitalisierten Welt immer unausweichlicher wird. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der Kern des Wissensmanagements der Faktor Mensch. Dass dieser den entscheidenden Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg eines solchen Projektes hat, lässt sich an den zahlreichen Punkten unter den Effizienz- und Effektivitätskriterien ablesen.
Erfolgreiches Wissensmanagement basiert vor allem auf der zwischenmenschlichen Komponente, wobei technischen Lösungen durch eine immer modernere Arbeitswelt, sowie die damit verbundenen organisatorischen Regelungen, immer größere und untrennbare Überschneidungen aller drei Bereiche aufweisen.


Ausgangspunkte eines Wissensmanagement-Projektes

Startpunkt eines jeden Wissensmanagementprojektes ist das Verständnis der Ausgangssituation und der eigentlichen Zielsetzung. Dieses Vorgehen mag selbstverständlich erscheinen, wird in der Praxis jedoch nur selten beherzigt. Das Ergebnis dessen stellt gleichzeitig einen sehr konkreten Rahmen für die daraus abzuleitenden Anforderungen dar und beinhaltet auch, welches Problem gelöst werden soll. Dies sind die Ankerpunkte, auf denen das gesamte Projekt aufbaut und die zu jedem Meilenstein im Projekt reflektiert werden sollten. Die Frage, ob das Wissensmanagementprojekt und die beteiligten Personen auf dem richtigen Weg sind, lässt sich so sehr einfach beantworten. Entsprechend sind vor allem die Ziele bereits zu Beginn zu notieren und sollten an alle Stakeholder kommuniziert werden!
Da Wissensmanagement nach außen ein oft schwer greifbares Thema ist, sind klare Gegenüberstellungen eines IST- und SOLL-Zustandes, sowie konkrete Zielstellungen einfacher zu vermitteln und zu messen, als reine „Potenziale“. Gemeint sind damit die oft (zu Recht) angebrachten Optimierungspotenziale, Einsparungspotenziale, Vernetzungspotenziale, etc. Die Ausgangsszenarien lassen sich in nachfolgend genannten drei Bereiche unterteilen.


Problemstellung

In diesem Fall gibt es ein ganz konkretes Problem, das gelöst werden soll. Der Ausgangspunkt kann klar definiert werden, ebenso der Zustand, in dem das Ziel erreicht bzw. das Problem gelöst ist. Als Beispiel kann ein mittelständisches Unternehmen mit einer hohen Mitarbeiterfluktuation im Bereich Call Center dienen. Das Problem kann darin bestehen, dass die Einarbeitung neuer Mitarbeiter sehr zeitaufwändig ist, da sehr erklärungsbedürftige und komplexe Produkte am Telefon vermittelt werden müssen. Zudem führt die hohe Fluktuation dazu, dass neu erworbenes Wissen nur in den Köpfen der Call Center Mitarbeiter vorhanden ist und bei einem Wechsel des Unternehmens verloren geht.
Die beiden Problemstellungen sind daher zum einen die Verbesserung des Onboarding-Prozesses durch eine qualitative Steigerung der Inhalte bei gleichzeitiger Verkürzung der dafür benötigten Zeit. Zum anderen soll das vorhandene und erworbene Wissen anderen Kollegen und Vorgesetzten so zur Verfügung gestellt werden, dass diese sehr schnell und intuitiv darauf zugreifen können. Wenn diese beiden Probleme gelöst werden können, ist das Projektziel erreicht.


Bedarf

Nicht immer muss es ein konkretes Problem geben, das es zu lösen gilt. Teilweise entstehen solche Projekte auch durch sehr weiche Einflussfaktoren, wie z.B. Gespräche unter Kollegen, die der Meinung sind, „dass das Netzlaufwerk sehr unstrukturiert sei“ oder nach der Weihnachtsfeier berichten die Mitarbeiter begeistert, dass man sich in diesem Rahmen sehr ungezwungen über die Fachabteilungen hinweg unterhalten konnte. Aus dieser positiven Erfahrung entsteht der Wunsch, Wissen auch außerhalb solcher Veranstaltungen einfacher und nachhaltiger austauschen zu können.
In diesen Fällen ist es auf den ersten Blick schwierig, ein klar definiertes Ziel zu beschreiben, denn es stellt sich die Frage, wann das Netzwerk „ausreichend strukturiert“ ist bzw. unter welchen Bedingungen sich die Mitarbeiter in der Lage fühlen, ohne Barrieren mit anderen Abteilungen zu kommunizieren. Hier kommt der wichtigste aller Faktoren ins Spiel: der Mensch! Bedürfnisse werden immer von Menschen formuliert und so ist der erste Schritt, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Im Gespräch können gemeinsam mit allen Vorgaben zur Zielerreichung festgelegt werden, wodurch der Mehrwert klar erkennbar und messbar wird.


Unternehmensziele

Als dritter Punkt sind die eigentlichen Unternehmensziele zu nennen. Diese spielen eine übergeordnete Rolle, weisen aber nur selten konkrete Ziele auf, die sich auf das Wissensmanagement anwenden bzw. ableiten lassen. Vielmehr ist Wissensmanagement als Instrument zur Unterstützung der Unternehmensziele in verschiedenen Bereichen zu sehen. So kann es dazu beitragen, Innovationen zu fördern, Kunden und Mitarbeiter zu binden, den Informationsaustausch zu verbessern, die Wettbewerbsposition zu stärken oder Prozesse effizienter zu gestalten, um nur einige zu nennen.
Um die Unternehmensziele durch Wissensmanagement zu erreichen, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, die sich z.B. in einer Veränderungsbereitschaft der Vorgesetzten und Mitarbeiter niederschlagen. Diese hängt oft eng mit der Unternehmenskultur, aber auch mit der Mitarbeiterstruktur zusammen. Herrscht keine Einstellung des „Wollens“ wird auch ein „Müssen“ in Bezug auf das Wissensmanagement nur sehr begrenzten Erfolg zeigen. Ebenso muss das Thema von der Unternehmensleitung bzw. den Abteilungsleitern getragen, verstanden und vorgelebt werden. Beißender Sarkasmus über „das Neue“ ist der Einführung neuer Themen und technologischer Herausforderungen nicht förderlich.
Um dies zu erreichen, müssen die Unternehmensziele klar und verständlich kommuniziert und dann durch Methoden oder technologische Mittel des Wissensmanagements ergänzt werden, mit deren Hilfe sie schneller, effizienter oder nachhaltiger erreicht werden können.