Der sinnvolle Einsatz von künstlicher Intelligenz im Wissensmanagement

Durch den Einsatz von KI-Technologien im Wissensmanagement lassen sich auf den ersten Blick erhebliche Vorteile gegenüber der konventionellen Nutzung von Wissensbeiträgen und der Aggregation von Wissen erzielen. Welche Möglichkeiten dies sind, wird im Folgenden dargestellt. Bei der Beurteilung, ob KI im Umfeld des Wissensmanagements für das eigene Unternehmen relevant ist, müssen die entsprechenden Anforderungen genau definiert werden. Insbesondere zu Beginn bzw. beim Aufbau von Wissensmanagement im Unternehmen sind klassische Methoden und Software den KI-gestützten Varianten vorzuziehen. Nicht nur, weil Umfang und Kosten der Technologie berücksichtigt werden müssen (auch wenn diese technisch bereits in einer Software-Suite enthalten ist), sondern auch, weil der eigentliche Mehrwert eines solchen Projekts nicht in den zusätzlichen Suchalgorithmen und automatisierten Auswertungen liegt, sondern in der Vernetzung der Menschen, die damit arbeiten und sich persönlich oder digital über gemeinsame Probleme oder neues Wissen austauschen.


Technologie und ihre Grenzen

Zweifellos bietet maschinelles Lernen bei besonders großen Datenmengen erhebliche Vorteile, um diese systematisch in Beziehung zu setzen und voneinander abhängige Informationen zu gewinnen, doch wird die Leistungsfähigkeit solcher Systeme häufig überschätzt. Andererseits sollten insbesondere unternehmerische Entscheidungen keine „Computer Driven Decisions“ sein. Zwar werden auch heute schon unzählige Daten durch Berechnungen und Algorithmen ausgewertet, neu sind jedoch selbstlernende Systeme, die Machine Learning von bisherigen Programmen unterscheiden. Das heißt, das System entwickelt seine eigene Lösung, die aber keineswegs vollumfänglich richtig sein muss, auch wenn sie auf kausalen Zusammenhängen beruht.
Viele Vorhersagen in der Geschichte der Menschheit waren durchaus schlüssig – aber im Endeffekt falsch, was jeder Nutzerin und jedem Nutzer solcher Systeme auch in der heutige Zeit bewusst sein sollte. Hinzu kommt, dass der Lösungsweg bzw. das Zustandekommen des Ergebnisses nur schwer nachvollziehbar ist. Dies gilt eingeschränkt für Unternehmen im Bereich der Programmentwicklung/IT, aber fast ausnahmslos für Anwender*innen im betriebswirtschaftlichen Umfeld. Mit anderen Worten: Man verlässt sich viel zu schnell blind auf die Ergebnisse des PCs, anstatt sie kritisch zu hinterfragen.


Die Vorteile von Machine Learning und die Kritik daran

Dennoch bieten diese Systeme auch zahlreiche Vorteile, die im Folgenden beschrieben werden. So verlockend die Punkte auch klingen mögen, sie sind auch kritisch zu betrachten. Aus diesem Grund werden die Anmerkungen zu diesen Punkten im folgenden Teil aufgeführt.

  1. Verbesserte Suche und Wissenserschließung: KI-basierte Suchalgorithmen können das Auffinden von relevantem Wissen erleichtern, indem sie semantische Beziehungen zwischen verschiedenen Datenquellen erkennen und automatisch Themen identifizieren.
    Kritik: Voraussetzung ist die maschinenlesbare Aufbereitung der Informationen sowie deren logischer Zusammenhang. Querverweise, Informationen auf Bildern oder zu viele Rechtschreibfehler reduzieren die Verarbeitbarkeit der Informationen. Auch können aus falschen Informationen fatale Schlüsse gezogen werden. Werden z.B. gescheiterte Projekte und die damit verbundenen Prozesse (Lessons Learned) dokumentiert, kann ein KI-System den Relevanzgehalt nicht erkennen bzw. ausschließen oder Schlüsse daraus ziehen!


  2. Automatisierte Wissensgenerierung: KI-Technologien wie Machine Learning können genutzt werden, um Wissen automatisch zu generieren, beispielsweise durch das Zusammenfassen von Texten oder das Extrahieren von Informationen aus unstrukturierten Datenquellen wie E-Mails oder Social-Media-Posts.
    Kritik: Zunächst muss hier der Begriff „Wissen“ sehr genau betrachtet werden. Durch das Zusammenfassen von Informationen entsteht noch kein Wissen, sondern nur mehr Information. Es findet also keine „automatische Wissensgenerierung“ statt, sondern eine Verkürzung vorhandener Texte und Dateien. Im Alltag mag diese Funktion hilfreich sein, um sich einen Überblick zu verschaffen, dennoch ist eine detaillierte Recherche zwingend notwendig, gerade weil auch Informationen aus Social Media Quellen ebenso maschinell generiert werden können und somit das Ergebnis verfälschen.


  3. Personalisierung von Wissen: KI-Technologien können auch genutzt werden, um Wissen auf die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen von Benutzern zuzuschneiden. Beispielsweise können Empfehlungssysteme verwendet werden, um Benutzern relevante Inhalte basierend auf ihrem Suchverlauf oder früheren Interaktionen mit dem Wissensmanagementsystem zu empfehlen.
    Kritik: Eine solche Funktion klingt attraktiv, erfordert aber kein maschinelles Lernen. Eine Auswertung der Häufigkeit von besuchten Themengebieten reicht aus, um erste Vorschläge hervorzubringen. Werden diese Informationen durch Daten von Nutzern mit ähnlichem Nutzungsverhalten verknüpft, ist der Mehrwert des KI-Einsatzes kaum noch relevant. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach dem Einsatzszenario. Sind Nutzer in einem Wissensmanagementsystem aktiv, lassen sie sich selten von „interessanten Einträgen“ inspirieren, sondern suchen häufig zielgerichtet. Eine konkrete und standardisierte Verschlagwortung von Wissensartikeln verspricht in diesem Themenfeld einen größeren Nutzen als der Einsatz von Machine Learning.


  4. Verbesserte Entscheidungsfindung: Durch die Analyse großer Datenmengen können KI-Technologien helfen, Erkenntnisse zu gewinnen und Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Beispielsweise können Vorhersagemodelle genutzt werden, um zukünftige Trends oder Entwicklungen zu prognostizieren und Entscheidungsträger mit relevanten Informationen zu versorgen.
    Kritik: Wie bereits im Haupttext beschrieben, müssen die getroffenen Entscheidungen immer validiert werden. Es sollte kein blindes Vertrauen in die Ergebnisse des technischen Lernens gesetzt werden. Vielmehr sollten die Ergebnisse in die Diskussion um eine mögliche Lösung einbezogen, aber kritisch bewertet werden.

Quellen der vier Hauptpunkte (ohne Kritik)

  • vgl.: Alavi, M., & Leidner, D. E. Knowledge management and knowledge management systems: Conceptual foundations and research issues. MIS quarterly, 107-136. 2001
  • vgl.: Maier, R., & Remus, U. Benefits and risks of artificial intelligence. IEEE intelligent systems, 28(6), 26-39. 2013