Erwartungshaltung der Nutzer
Die Software ist installiert, alle Beteiligten sind eingebunden, die inhaltlichen Konzepte für das neue Wissensmanagementsystem sind umgesetzt, aber wie geht es weiter? Im klassischen Sinne erfolgt nun der Aufbau des Gesamtsystems mit allen relevanten Inhalten sowie die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um möglichst schnell mit der neuen Software arbeiten zu können.
Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, jedoch sollten auch alle damit verbundenen Zwischenschritte optimal genutzt werden.
Die Frage lautet: Was erwarten die Nutzer*innen bzw. was erwarten die Verantwortlichen? Dies ist weniger funktional als vielmehr emotional zu verstehen. Wissensmanagement ist eine Disziplin, in der es um Menschen geht, nicht um Technik. Und diese Menschen haben Erwartungen, und die können in einem sehr dynamischen und technisch durchdrungenen Umfeld sehr hoch sein! Solche Erwartungen sind z.B., dass die Bedienung so einfach wie bei einem Apple-Gerät ist, dass die Arbeit viel einfacher wird und eine spürbare Zeitersparnis erzielt werden kann. Die Nutzer wollen aber auch begeistert werden und sich am Design und einem modernen Look&Feel erfreuen. Die Verantwortlichen wiederum wünschen sich mehr Produktivität, zufriedene Nutzer*innen, die Freude an der Arbeit haben und kaum Wünsche offen lassen. Auch technisch wenig versierte Kolleg*innen sollen sich mit dem Programm wohlfühlen und den Mehrwert sofort erkennen. Im besten Fall werden ihre Ängste vor der Neuerung nicht bestätigt und ihre Erwartungen übertroffen.
Schnell erreichbare Erfolge (Low Hanging Fruits) und Leuchtturmthemen
Wie im vorigen Abschnitt zu lesen, ist die Begeisterung für die neue Software die Grundlage für die damit verbundene Motivation diese zu nutzen, sich einzubringen, aber auch über Startschwierigkeiten hinwegzusehen – denn auch an dieser Stelle können Projekte noch immer scheitern.
Das Momentum der Begeisterung aufrechtzuerhalten kann gelingen, indem zunächst kleine, gut abgrenzbare Themen bearbeitet werden, die eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit haben und als Beispiel für andere Bereiche oder Themen dienen können. Genau dies beschreibt die „niedrig hängenden Früchte“ und die damit verbundenen Leuchtturmprojekte.
Da deren Ausgestaltung sehr individuell ist, werden im Folgenden einige Merkmale genannt, anhand derer sie identifiziert werden können:
- Die Themenbereiche sind sehr überschaubar und betreffen eine klar definierbare Nutzergruppe/Abteilung.
- Inhalte der damit verbundenen Wissensdokumente sind bereits teilweise vorhanden und können migriert werden.
- Beteiligte Personen haben freie zeitliche Ressourcen um an dem Projekt mitzuwirken oder erhalten diese.
- Die Personen technisch affin und/oder können sich schnell in neue Programme einarbeiten.
- Es gibt klar identifizierbare Verbesserungen der aktuellen Arbeitssituation für die Nutzer*innen, d.h. es wird auf ein konkretes Ziel hingearbeitet. (Dokumente sind nun global durchsuchbar, es gibt eine Versionierung, kollaboratives Arbeiten ist möglich, Zugriff über eine Webanwendung, usw.)
- Es ist davon auszugehen, dass das Momentum der Motivation so lange anhält (menschliche und fachliche Voraussetzungen), bis das Ziel des Teilprojektes erreicht wurde.
- Alle Beteiligten sollten mit dem Endergebnis zufrieden sein, um als Fürsprecher agieren zu können.
Welche Art von Projekten eignet sich exemplarisch für die Umsetzung als Leuchtturmprojekt?
- Eine Übersicht aller Mitarbeiter inkl. Bild (freiwillige Basis), Name, Position, Kontakt und Themenbereiche/Arbeitsschwerpunkte
- Prozessübersichten zur Beantragung von: Urlaub, neuer Druckerpatronen, Büroausstattung, Onboarding, Angebotserstellung, usw.
- Abkürzungsverzeichnisse und Unternehmens-FAQs (interne Regelungen und Unternehmenskultur, die man kennen sollte)
- Die systematische Dokumentation eines Projektes von der Idee, über den Kickoff, Umsetzung, Kundentermine, Problemstellungen, Abschluss und „Lessons Learned“.
- Eine Übersicht von Herstellern/Lieferanten und deren Ansprechpartner
- Auf einer zentralen Seite können Neuigkeiten aus dem Unternehmen angegeben und regelmäßig aktualisiert werden, wodurch Mitarbeiter über diese Seite stets über Änderungen aktuell informiert werden.
- Der Betriebsrat kann Mitteilungen zu aktuellen Wahlaufstellungen, Beratungszeiten oder Dokumente zur Verfügung stellen.
- Der Support kann typische Fragestellungen der Kunden, sowie deren Beantwortung erfassen und für alle (vor allem neue) Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen (FAQs).
- Ein „Schwarzes Brett“ kann zur Interaktion einladen und so auch abseits der Arbeitsthemen zur Vernetzung beitragen.
- Die Produktion kann Besonderheiten, Störungen oder den Auslastungsgrad dokumentieren und dem Vertrieb zur Verfügung stellen, um auf Kundenanfragen besser reagieren zu können.
- Mit der Aufstellung des aktuellen Kantinenessens bzw. den besten Anlaufstellen für ein günstiges Mittagessen außerhalb der Firma können sich ebenso alle beteiligen – vielleicht sogar mit Bewertung.
- Erklärungsbedürftige Services oder Produkte können für den internen Gebrauch erläutert werden, wodurch die Dokumente als Schulungs- und Nachschlagewerk für alle Mitarbeiter dienen kann.